Zwischenbilanz im Notfalldienst

Ärztliche Versorgung der Patienten trotz Einschränkungen gesichert

Seit vier Wochen gilt ein Notfall­maßnahmen­plan im ärztlichen Bereitschafts­dienst. Acht von 115 Notfall­praxen mussten geschlossen werden, viele weitere haben ihre Öffnungs­­zeiten reduziert. Eine erste Zwischen­bilanz zeigt: Die ärztliche Versorgung der Patientinnen und Patienten ist weiterhin sichergestellt.

Das Bundes­sozialgericht (BSG) hatte am 24. Oktober 2023 entschieden, dass ein Zahnarzt, der als sogenannter „Poolarzt“ im Notfalldienst der Kassen­zahn­ärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg tätig ist, aufgrund dieser Beschäftigung der Sozialversicherungs­pflicht unterliegt. Weil diese Entscheidung auch weitreichende Auswirkungen auf den ärztlichen Bereitschaftsdienst hat, reagierte die Kassen­ärztliche Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) darauf sofort mit einem Notfall­maßnahmen­plan, der Einschränkungen im ärztlichen Bereitschafts­dienst vorsah.

Bilanz nach den ersten Wochen der „Notbremse“ 

Nach den ersten Wochen mit dieser „Notbremse“ zieht KVBW-Vorständin Dr. Doris Reinhardt, in deren Bereich der Notfalldienst fällt, eine Zwischenbilanz: „Trotz unserer Einschränkungen bleibt die Versorgung gesichert. Wir haben ja immer noch 107 Notfallpraxen geöffnet, in den wir keine außergewöhnlichen Steigerungen festgestellt haben, ebenso wenig wie im Fahrdienst, der die medizinisch erforderlichen Hausbesuche vornimmt. Bisher können wir auch kein erhöhtes Anrufaufkommen bei der 116117 feststellen. In unserem regelmäßigen Austausch mit den Rettungs­leistellen gab es keine Meldungen über eine starke Zusatzbelastung.“ Reinhardt verweist darauf, dass es durch die neuen Öffnungszeiten der Notfall­praxen in den Not­aufnahmen unbeabsichtigt zu einer Mehrbelastung kommen könne, denn „wir haben keine 24-h-Stunden-Präsenz wie die Kliniken“. Außerhalb der Öffnungszeiten der Notfallfallpraxen ist die 116117 weiterhin erreichbar und kann weiterhelfen.

Zusatzdienste für die Niedergelassenen

Eine Belastung stellt der Notfall­maßnahmen­plan vor allem für die niedergelassenen Haus- und Fachärzte dar, die verstärkt wieder Bereitschaftsdienste übernehmen müssen, nachdem die KVBW in Folge des Urteils die Tätigkeit mit den Poolärztinnen und Poolärzten beendet hatte. Rund 3.000 Poolärzte hatten zuvor etwa 40 Prozent der ärztlichen Bereitschaftsdienste im Land übernommen und stehen mit dem BSG-Urteil nicht mehr zur Verfügung. „Um die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte von diesen Diensten zu entlasten, brauchen wir auch künftig komfortable und einfache Möglichkeiten, damit Ärzte, die keiner Dienstverpflichtung unterliegen, trotzdem Dienste übernehmen können. Alles andere hätte negative Auswirkungen auf die Attraktivität der Niederlassung“, betont Reinhardt. „Wir wissen von vielen älteren Kollegen, dass sie aufgrund der Mehrbelastung durch die Dienste überlegen, nun aufzuhören. Das wäre für die Patienten­versorgung fatal“.

Der Notfall­maßnahmen­plan ist nur eine vorübergehende Lösung. Ziel ist nun eine Restrukturierung des Bereitschafts­dienstes, die auch eine Anpassung an Ressourcen und den Bedarf vorsieht. „Wir haben aktuell über 1.000 Arztsitze im Land, die nicht besetzt sind. Viele unserer Mitglieder sind 60 Jahre und älter. Wir müssen deshalb den ärztlichen Bereitschafts­dienst ganz unabhängig von der Notbremse so neu organisieren, dass er auch in Zeiten des Ärztemangels leistbar ist und die Regel­versorgung dadurch nicht beeinträchtigt wird“, verdeutlicht KVBW-Vorstand Dr. Karsten Braun. Das neue Konzept des Notfall­dienstes will die KVBW in den nächsten Wochen fertigstellen und schrittweise umsetzen. „Es ist unser Ziel, den Notfall­dienst und die Regel­versorgung so weit zu stabilisieren, dass die Patienten­versorgung auch vor dem Hintergrund des Ärzte­mangels in den nächsten fünf bis zehn Jahren landesweit sichergestellt ist.“ Reinhardt ergänzt: „Klar ist, dass ein solches Konzept auch wirtschaftlich sein muss.“