Abrechnungswidersprüche

Ablauf & Wege | Form & Frist | Inhalt & Unterlagen

Wenn Sie mit einer Entscheidung der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) nicht einverstanden sind, dann haben Sie das Recht, dagegen Widerspruch zu erheben.

Widerspruch gegen einen Bescheid: Ablauf im Überblick

Schritt 1: Bescheid der KV geht ein und wird nicht akzeptiert
Schritt 2: Widerspruch des Betroffenen (frist- und formgerecht)
Schritt 3: Widerspruchsbescheid der KV (positiv oder negativ)
Schritt 4: ggf. Klage des Betroffenen bei negativer Entscheidung
Schritt 5: Sozialgericht überprüft Entscheidung

Wie können Sie Widerspruch einlegen?

Per Post:
Kassenärztliche Vereinigung
Albstadtweg 11
70567 Stuttgart

Per Fax: 0711 7875-483 776
Per E-Mail: widerspruch@kvbawue.de (nur mit qualifizierter elektronischer Signatur!)
Per KIM: widerspruch@kvbw.kim.telematik (nur mit qualifizierter elektron. Signatur!)
Per Behördenpostfach: mit einfacher elektronischer Signatur
Vor Ort zur Niederschrift: in jeder Bezirksdirektion zu den Servicezeiten (siehe Adressen und Zeiten »)

Bitte reichen Sie denselben Widerspruch nicht mehrfach ein!

Je nach Sicherheitsniveau und Rechtswirkung gibt es drei unterschiedliche Formen der elektronischen Unterschrift:

  • einfache elektronische Signatur
  • fortgeschrittene elektronische Signatur
  • qualifizierte elektronische Signatur

Nur die qualifizierte elektronische Signatur kann eine per Gesetz geforderte Schriftform ersetzen [Artikel 25 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates]. Für eine qualifizierte elektronische Signatur muss ein aktuelles, gültiges Zertifikat vorliegen, das eine vertrauenswürdige Zertifizierungsstelle ausgestellt hat.

Wie Sie wichtige Dokumente sicher und bequem mit dem E-Mail-Dienst KIM versenden und elektronisch signieren, erfahren Sie beim Ihrem Softwarehaus.

  • Widerspruch kann nur gegen existente Bescheide erhoben werden! Ein vorsorglicher Widerspruch gegen einen erwarteten Bescheid ist nicht möglich! Er wird auch dann nicht zulässig, wenn der Bescheid später ergeht.
  • Ein Widerspruch ist nur innerhalb der gesetzlichen Wider­spruchs­frist möglich.
    • Wohnsitz in Deutschland? → ein Monat nach Bekanntgabe des Bescheides
    • Wohnsitz im Ausland? → drei Monate nach Bekanntgabe des Bescheides
  • Ein erneuter Widerspruch gegen einen Bescheid des Wider­spruchs­­ausschusses ist nicht möglich. Wenn der Widerspruchsausschuss Ihren Widerspruch ganz oder teilweise ablehnt, können Sie dagegen Klage beim Sozialgericht einreichen (siehe Rechtsbehelfsbelehrung auf dem Widerspruchsbescheid).

So berechnet sich die Frist (bei Bescheiden per Post)

Fristbeginn:

Poststempel des Briefs, mit dem der Bescheid verschickt wurde
+ drei Tage

Fristende:

24 Uhr am Tag einen Monat nach Fristbeginn. Ist der Brief der KV beispielsweise am 19. August abgestempelt, gilt er am 22. August als bekanntgegeben. Dann muss der Widerspruch bis zum 22. September bei der KV eintreffen. Wenn die Frist an einem Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag endet, verschiebt sich das Fristende auf den nächsten Werktag.

Damit wir Ihren Widerspruch korrekt zuordnen und bearbeiten können, versehen Sie diesen bitte immer mit den folgenden Informationen:

  • Betriebsstättennummer (BSNR)
    Wichtig: Falls sich Ihre Betriebsstättennummer seither geändert hat, geben Sie bitte die BSNR aus dem Quartal an, auf das sich der Widerspruch bezieht.
  • Datum des Bescheids bzw. bei Honorarbescheiden das Quartal des Bescheids gegen den Widerspruch erhoben wird
  • ggf. vorhandenes Aktenzeichen der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg

Möchten Sie, dass das Widerspruchsverfahren aufgrund eines laufenden Musterverfahrens ruht, geben Sie das bitte im Widerspruch an und benennen Sie das entsprechende Musterverfahren.

Zur Fristwahrung ist es möglich, zunächst einen Widerspruch ohne Begründung einzulegen und die Begründung anschließend nachzureichen.

Gegebenenfalls können weitere Angaben oder Unterlagen erforderlich sein. Siehe dazu: Häufige Anlässe für einen Widerspruch – was zu beachten ist » 

  • Sie selbst als Mitglied der KVBW
  • ein Rechtsanwalt, der Sie vertritt (Vollmacht mit dem Widerspruch vorlegen!)
  • Sie können sich von einer anderen Person vertreten lassen  (Vollmacht mit dem Widerspruch vorlegen!)

Die KV überprüft zunächst, ob der Widerspruch form- und frist­gerecht erfolgt ist. Ist dies der Fall, wird der Widerspruch unter Berück­sichtigung Ihrer Widerspruchs­begründung überprüft. Sofern keine Abhilfe erfolgen kann, wird Ihr Widerspruch dem zuständigen Widerspruchs­ausschuss zur Beratung und Entscheidung vorgelegt. Über die entsprechende Entscheidung erhalten Sie dann einen Widerspruchs­bescheid.

Was zu beachten ist

Keine nachträgliche Korrektur

­Sie haben bei Ihrer Abrechnung Leistungen vergessen oder falsch ge­kenn­zeichnet? Per Widerspruch können Sie keine OPS-Codes, Gebühren­nummern oder Behandlungs­daten berichtigen oder ergänzen. Haben Sie Ihren Honorar­bescheid bereits erhalten, ist die nach­trägliche Korrektur bereits abgerechneter Daten unzulässig (vgl. § 3 Abs. 3 der Abrechnungs­richtlinie der KVBW). 

Sichten und prüfen Sie daher unbedingt im Vorfeld Ihre „Information zur Gesamtabrechnung”. Mit dieser Rückmeldung per Post – und zukünftig elektronisch im Mitgliederportal – informieren wir Sie unmittelbar nach Bearbeitung Ihrer Quartalsabrechnung über gestrichene Leistungen. Nur innerhalb der dort festgesetzten Korrekturfrist haben Sie die Möglichkeit, Ihre bereits eingereichte Abrechnung zu berichtigen.

Eine Ausnahme – auf Antrag – kommt nur in Betracht, wenn die eingereichte Abrechnung objektiv erkennbar unzutreffend war und der Abrechnungsausschluss einen unverhältnismäßigen Eingriff in den Vergütungs­anspruch darstellen würde.

Häufige Anlässe für einen Widerspruch

⇒ Postoperative Behandlung auch von anderem Arzt abgerechnet

Mit dem Widerspruch einreichen:

  • Überweisungsschein des Operateurs mit Operationsdatum und Gebührenordnungsposition (GOP) der ambulanten Operation

⇒ Postoperative Überwachung auch von anderem Arzt abgerechnet

Mit dem Widerspruch einreichen:

  • schriftliche Vereinbarung mit dem an der Operation beteiligten Arzt bzw. hilfsweise eine Verzichtserklärung des beteiligten Arztes

Keine nachträgliche Berichtigung des Behandlungsdatums möglich!

⇒ Patient hat keine Versichertenkarte (eGK) vorgelegt

Mit dem Widerspruch einreichen:

  • Nachweis der Anspruchsberechtigung oder gültige Mitgliedsbescheinigung der Krankenkasse (jeweils gültig für den Behandlungszeitpunkt)

⇒ Neugeborene und Säuglinge ohne eGK (Kind bei der Behandlung < 3 Monate)

Mit dem Widerspruch einreichen:

  • Kopie der Ersatzbescheinigung (Muster 5) oder Bestätigung der Krankenkasse, dass das Kind im fraglichen Quartal dort versichert war

⇒ Patient aus dem Ausland (Sozialversicherungsabkommen SVA)

Mit dem Widerspruch einreichen:

  • ausgefüllte Patientenerklärung Europäische Krankenversicherung (Muster 81)
  • Kopie von Personalausweis/Reisepass des Ausländers
  • Kopie der Europäischen Krankenversichertenkarte (EHIC) bzw. Global Health Insurance Card (GHIC) bzw. der provisorischen Ersatzbescheinigung (PEB)

⇒ Leistungen im Auftrag ohne Arzt-Patienten-Kontakt

Mit dem Widerspruch einreichen:

  • Kopie des Überweisungsscheins oder Bestätigung der Krankenkasse, dass der Patient im fraglichen Quartal dort versichert war

­⇒ Patient lt. Hausärztliche Vertragsgemeinschaft (HÄVG) nicht mehr im HzV eingeschrieben. Abrechnung soll nachträglich über die KV erfolgen.

Hinweis zum Widerspruch:

  • keine Aussicht auf Erfolg

Die Krankenkassen melden uns mit ihren Datenlieferungen die für das Abrechnungsquartal eingeschriebenen Versicherten und teilnehmenden Ärzte. Auf Basis dieser Daten erfolgt die Bereinigung der Gesamt­vergütung. Die KVBW ist im Rahmen der getroffenen vertraglichen Vereinbarungen dazu verpflichtet, Leistungen, welche vom HzV-Vertrag umfasst sind (Ziffernkranz), von den teilnehmenden Ärzten für eingeschriebene Versicherte in der KV-Abrechnung zu streichen. Auch bei Bestätigungen der Kranken­kassen für die „Kündigung“ einzelner Patienten kann hiervon aus technischen Gründen nicht abgewichen werden, weil die KVBW nicht in die Datenlieferungen der Kranken­kassen eingreifen kann.

⇒ Antrag der Krankenkassen auf Berichtigung – Grundsätzliches

Hinweise zum Widerspruch:

  • sorgfältige Dokumentation, um regelmäßige Teilnahme des Patienten am Programm zu belegen
  • DMP-Feedbackberichte der Kassen und der Datenannahmestellen prüfen
  • Widerspruch gegen unberechtigte Korrekturen erheben (auch bei überschaubaren Beträgen)

⇒ Fehlende Dokumentation laut Krankenkasse

Mit dem Widerspruch einreichen:

  • Kontoauszug der Datenannahmestelle

⇒ Fehlende Einschreibung laut Krankenkasse

Mit dem Widerspruch einreichen:

  • Bestätigung der Krankenkasse, dass der Patient im fraglichen Quartal eingeschrieben war

⇒ GOP 01762 (Zytologische Untersuchung Krebsfrüherkennung) neben GOP 01826 (Zytologische Untersuchung Empfängnisregelung) oder GOP 19310 (Histologische oder zytologische Untersuchung eines Materials) abgerechnet

Hinweise zum Widerspruch:

  • Angabe, welche unterschiedlichen Materialien verwendet wurden

⇒ Für die GOP 01762 fehlt die zugehörige Früherkennungsuntersuchung

Mit dem Widerspruch einreichen:

  • Muster 39 (Krebsfrüherkennung Zervix-Karzinom)

⇒ Erstabrechner verzichtet freiwillig auf die Leistung

Mit dem Widerspruch einreichen:

  • schriftliche Verzichtserklärung des Erstabrechners

⇒ Arztwechsel im betroffenen Quartal (Umzug/Vertrauensverlust)

Hinweis zum Widerspruch:

  • keine Aussicht auf Erfolg

⇒ Patientin innerhalb des Quartals erneut schwanger

Hinweis zum Widerspruch:

  • keine Aussicht auf Erfolg

Laut EBM darf die GOP 01770 für die Betreuung einer Schwangeren im Laufe eines Quartals nur von einem Vertragsarzt abgerechnet werden. Selbst bei Vertretung, im Notfall oder bei Mit- und Weiterbehandlung gilt: Die zweite Abrechnung der GOP 01770 muss gestrichen werden. Das gilt auch dann, wenn ein später in Anspruch genommener Arzt dieselbe Leistung erneut erbringt, ohne zu wissen, dass sie schon von einem Kollegen erbracht worden war oder bei einer erneuten Schwanger­schaft.

Die Vorlage einer Patientenerklärung begründet nach der Entscheidung des Sozialgerichts Stuttgart vom 10. Juli 2024 (Az.: S 12 KA 3717/21) zwar möglicherweise einen zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch gegen die Patientin, bewirkt aber keinen Schutz gegen die Streichung der Leistung in der KV-Abrechnung.

Wechselt die Patientin aus einem wichtigen Grund den Arzt, hat sie trotzdem einen gesetzlichen Leistungs­anspruch – eine doppelte Berechnung der 01770 ist unzulässig.

⇒ Chronikerpauschale GOP 03220 – nachträgliche Kennzeichnung mit „H“

Hinweis zum Widerspruch:

  • keine Aussicht auf Erfolg

Die nachträgliche Kennzeichnung der GOP 03220 mit „H“, z. B. weil der Patient wegen eines Facharztbesuches ein Quartal ausgelassen hat, sieht der EBM nicht vor (kein Wechsel des betreuenden Hausarztes). Zudem ist die nachträgliche Korrektur von bereits abgerechneten Daten unzulässig.

⇒ 1.000 Euro Aufwandsersatz wegen Nichtantritt bzw. Nichterreichbarkeit

Hinweis zum Widerspruch:

  • wenig Aussicht auf Erfolg

Die Regelungen der Notfalldienstordnung der KVBW (NFD-O) geben vor, dass der zum Dienst eingeteilte Arzt zum Dienstantritt verpflichtet ist und während des gesamten Dienstes telefonisch erreichbar zu sein hat. Bei Verfehlungen (Nichtantritt und Nichtbestellung eines Vertreters) wird in der Quartalsabrechnung des dienstverpflichteten Arztes ein Betrag von 1.000 Euro pro Dienst als pauschaler Aufwandsersatz für die Vertretersuche abgezogen (vgl. § 7 Abs. 9 i. V. m. § 7 Abs. 2 Satz 1 NFD-O).