Budgetierung für die Hausärzte greift in Baden-Württemberg wieder
Die Hausärztinnen und Hausärzte in Baden-Württemberg bekommen im 4. Quartal 2023 ihre Leistungen nur noch budgetiert vergütet. Erstmalig seit zehn Jahren werden daher nicht mehr alle Behandlungen der Hausärzte bezahlt.
Bei den Fachärzten ist dies schon jahrelang bittere Realität. Der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW), Dr. Karsten Braun, teilte dazu am Donnerstag mit: „Leider muss die KVBW bei den Hausärzten für das 4. Quartal 2023 wieder Abzüge bei den Leistungen vornehmen. Seit 2013 waren durch verschiedene Effekte ausreichend Mittel im hausärztlichen Vergütungstopf vorhanden, so dass trotz einer formalen Budgetierung kein Abzug erforderlich gewesen ist. Das ist nun leider vorbei, da diese Mittel aufgebraucht sind.“ Braun erläuterte, dass die Budgetierung eine Vorgabe des Gesetzgebers darstellt. Danach bekommen die Kassenärztlichen Vereinigungen einen festen Betrag durch die Krankenkassen zur Verfügung gestellt, aus dem ein Großteil der Leistungen bezahlt werden muss. Da aber nicht klar ist, wie viele Patienten die Ärzte aufsuchen und auch nicht vorhersehbar ist, welche Behandlungen sie benötigen, muss die KV den Ärztinnen und Ärzten ein Budget zuweisen. Wenn das Gesamtbudget nicht ausreicht, werden Behandlungen dann nur zu einem geringeren Prozentsatz vergütet. „Das ist ungefähr so, wie wenn man beim Bäcker zehn Brötchen bestellt und nur acht bezahlt“, so Braun.
Weniger Geld – mehr Patienten
Seine Vorstandskollegin Dr. Doris Reinhardt bezeichnete die Situation als „völlig absurd“. Sie sagte: „Für die KVBW war die volle Vergütung für die Hausärzte über die Jahre hinweg ein wichtiges Signal. Gerade auch im hausärztlichen Bereich suchen die Patientinnen und Patienten händeringend nach Terminen. Die KVBW wird permanent aufgefordert, die hausärztliche Versorgung zu verbessern und ergreift eine Vielzahl an Fördermaßnahmen, um mehr Ärzte ins System zu bringen und die Kapazitäten bei den bestehenden Hausärzten zu erhöhen. Vor diesem Hintergrund ist es nicht mehr zu vermitteln, dass es dann aber gleichzeitig Leistungsbegrenzungen gibt. Wir konterkarieren hier unseren Sicherstellungsauftrag und schaffen eine Situation, die weder den Ärzten noch den Patienten zuzumuten ist.“
Entbudgetierung für Hausärzte muss kommen
Harte Kritik äußerte Braun an der Bundesregierung: „Bei den Kinder- und Jugendärzten hat die Bundesregierung die Budgetierung im vergangenen Jahr teilweise aufgehoben. Bei den Hausärzten ist die Entbudgetierung sogar Gegenstand des Koalitionsvertrages. Sie wurde mehrfach versprochen und zuletzt im Januar wieder von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach angekündigt. Aber einen Gesetzentwurf dafür gibt es immer noch nicht. Das ist mehr als enttäuschend und völlig inakzeptabel. Wir fordern das Bundesgesundheitsministerium daher auf, das Gesetz so schnell wie möglich auf den Weg zu bringen, um weiteren Schaden von der Versorgung zu nehmen. Dauerhaft ist auch die Budgetierung im fachärztlichen Bereich nicht hinzunehmen.“ Reinhardt ergänzte: „Viele vor allem unserer jüngeren Hausärzte kennen diese Situation bisher nicht. Budgetierung trifft die Praxisinhaber, die mit hochqualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie mit angestellten Ärzten täglich die Patientenversorgung in Teampraxen sicherstellen. Diese Politik mit nicht eingelösten Zusagen gefährdet die ambulante Versorgung.“