„Solidarität ist keine Einbahnstraße – wir wollen nicht die nur dauergelobten Samariter in der Republik sein.“

23.000 Ärzte, Psychotherapeuten und ihre 70.000 Mitarbeiter in BW sind vom Bundestagsbeschluss zum sogenannten „Schutzschirm“ tief enttäuscht

Tief enttäuscht zeigte sich der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) Dr. Norbert Metke über die heutige Beschlussfassung des Deutschen Bundestages mit den Stimmen der Koalition zu einem sog. „Schutzschirm“ für Arztpraxen. Mit diesem sollen coronabedingte Ausfälle bei den niedergelassenen Ärzten kompensiert und das Versorgungsniveau in Baden-Württemberg durch den Erhalt der Praxen gesichert werden. Der Bundestag hat beschlossen, dass Stützmaßnahmen für die Honorare der Ärzte und Psychotherapeuten durch Rücklagen und damit Umverteilung zu erfolgen haben und externe Mittel hierzu nicht zur Verfügung gestellt werden sollen.

„Wir sind für die Sicherstellung der gesamten medizinischen Versorgung in Baden-Württemberg durch niedergelassene Ärzte und Psychotherapeuten verantwortlich. Der Bundestag hat sich nicht dazu durchringen können, den Schutzschirm des Jahres 2020 für das laufende Jahr fortzuführen. Stattdessen gibt es eine Scheinnebellösung, von der wir nur enttäuscht sein können.“

Schlag ins Gesicht für Ärzte, Psychotherapeuten und ihr Praxispersonal

Sein Stellvertreter Dr. Johannes Fechner: „Mir fehlt jedes Verständnis, dass die Kanzlerin und die Ministerpräsidenten in ihren Beschlüssen zwar erneut und zum wiederholten Male völlig richtigerweise umfangreiche finanzielle Hilfen für die Krankenhäuser vorgesehen haben, aber die ambulanten Praxen mal wieder außen vorgelassen werden, obwohl sie seit Beginn der Coronapandemie die Versorgung wuppen, also über 80 % der Coronapatienten ambulant betreuen, in Altenheimen testen, sich in Fieberambulanzen engagieren und in Impfzentren arbeiten. Was muss eigentlich noch passieren, damit man an den Schreibtischen in den Büros der Regierungschefs erkennt, dass die Praxen den Löwenanteil an der COVID-19-Bekämpfung geleistet haben? Es mutet schon grotesk an, dass auf Wunsch der Ministerpräsidenten ein „Beitrag zum Ausgleich von Erlösrückgängen“ für Krankenhäuser vorgesehen ist, feststellend, dass dieser Beitrag sicher gerne von den Aktionären der Gesundheitskonzerne angenommen wird, während die Niedergelassenen in die Röhre schauen. Der Bund und die Länder drücken sich vor der Verantwortung, die ambulante Versorgung aufrecht zu erhalten. Das ist mehr als ein Schlag ins Gesicht der Ärzte und Psychotherapeuten sowie des Praxispersonals, der mich nachhaltig erbost.“

Niedergelassene haben Unglaubliches geleistet

Dr. Metke abschließend: „In der Bewältigung der Coronapandemie haben Ärzte und Mitarbeiter rund um die Uhr Unglaubliches geleistet. Sie haben kooperativ jede Maßnahme zur Eindämmung der Pandemie des Bundes und Landes aktiv umgesetzt und sind jetzt als einzige in der Lage, eine Massenimpfung der Bevölkerung mit ihren zu leisten. Nun sind wir an einem Punkt angelangt, an dem die Ärzteschaft nur noch dann zu motivieren sein wird so viel Solidarität zu leisten, wie ihr von Gesellschaft und Politik auch an Solidarität zurückgegeben wird. Gemeinsam mit den Pflegeberufen im Land stellen Ärzte und Psychotherapeuten fest, dass wir es nicht mehr akzeptieren, nur die dauergelobten Samariter in der Republik zu sein, sondern die Anerkennung verdienen, wie andere systemrelevante gesellschaftliche Gruppen auch.“