Kaninchen aus dem Hut gibt‘s nur im Zirkus
Die Verpflichtung, Facharzttermine innerhalb von vier Wochen im Rahmen einer Terminservicestelle zu garantieren, bezeichnet der Vorstandsvorsitzende der KV Baden-Württemberg, Dr. Norbert Metke, als „populistische Mogelpackung zu Lasten einer individuellen und qualitativen Patientenversorgung“.
Überregulierung hat noch nie zum Erfolg geführt
Metke sagte: „Da wird mal wieder Ross und Reiter verwechselt. Die Versorgung eilbedürftiger, akut Erkrankter erfolgt in Baden-Württemberg in der Regel sofort, aber auch zwei Millionen mal im Jahr in der Nacht, an Sonn- und Feiertagen im Rahmen des Notfalldienstes. Dennoch steht außer Frage, dass es Wartezeiten bei Fachärzten gibt. Sie sind Folge des Versuchs, durch planwirtschaftliche Maßnahmen das System zu steuern, unter denen die Beteiligten seit Jahren leiden. Überregulierung hat noch nie zum Erfolg geführt und funktioniert auch im Gesundheitssystem nicht. Das Vorhaben, Arzttermine zuteilen zu lassen und damit durch mehr Planwirtschaft einen Mangel zu beheben, hört sich vor diesem Hintergrund reichlich kurios an. Die nun geplanten Terminservicestellen hätten zur Folge, dass die KVBW bis zu 20 Millionen Behandlungstermine pro Jahr vermitteln müsste. Das zieht nicht nur enorme Bürokratie, sondern auch hohe Kosten nach sich, die der Patientenversorgung entzogen werden. Das ist eine Sünde am Patienten. Viel wichtiger wäre es daher, die Ursachen zu bekämpfen, anstatt den Patienten eine Flatrate-Alles-ist-möglich-Mentalität bei begrenzten Mitteln fälschlicherweise vorzugaukeln“.
Keine unbegrenzte Versorgung bei begrenzten Mitteln
Der stellvertretende Vorstandsvorsitzende, Dr. Johannes Fechner, ergänzt: „Auf der einen Seite werden den Ärzten quartalsweise Kontingente an Patienten zugewiesen und durch die Bedarfsplanung die Zahl der Niederlassungen begrenzt. Auf der anderen Seite ist es aber möglich, dass Patienten ohne Begrenzung und ohne jedwede Steuerung ärztliche Leistung in Anspruch nehmen, Ärztehopping betreiben und Termine teilweise nicht einhalten. Da darf sich niemand wundern, wenn es zu Wartezeiten kommt. Wartezeiten bei den Fachärzten sind daher systembedingte Ursachen und durch die Rahmenbedingungen der Politik zu verantworten: Wer die Mittel für die reguläre Patientenversorgung begrenzt, kann keine unbegrenzte Versorgung dafür erhalten“.
Der Vorstand bezeichnete es als „geradezu grotesk“, dass den Kranken im Lande zum einen vermehrt fachärztliche Patiententermine zur Verfügung gestellt werden sollen, auf der anderen Seite im selben Gesetzesvorhaben aber über 1.300 fachärztliche Praxen im Lande wegen angeblicher Überversorgung geschlossen werden sollen. Damit würden alleine bei fachärztlichen Internisten (Kardiologen, Gastroenterologen, Rheumatologen etc.) knapp zwei Millionen Behandlungstermine in Baden-Württemberg pro Jahr wegfallen.
Für Metke ist klar: „Die Krankenkassen müssen endlich verpflichtet werden, Elemente wie Patientensteuerung, zum Beispiel über alternative Tarifgestaltung vorzunehmen, um eine sinnvolle und wirtschaftliche Inanspruchnahme der Ärzte durch die Patienten zu ermöglichen. Die KVBW wird dazu Vorschläge vorlegen.“