Mehr Planwirtschaft führt nicht zu mehr Terminen
Der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW), Dr. Norbert Metke, hat die Ergebnisse der heute von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) vorgestellten Patientenumfrage begrüßt. „Wenn 62 Prozent der Patienten innerhalb von drei Tagen einen Termin in einer Facharztpraxis erhalten, zeigt das, dass wir einen Zugang zur fachärztlichen Versorgung haben, die weltweit einzigartig ist. Wenn dann noch berücksichtigt wird, dass nur 20 Prozent länger als drei Wochen auf einen Termin warten mussten und dabei auch die zeitunkritischen Vorsorgeuntersuchungen mit enthalten sind, unterstreicht dies das Engagement der niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten.“
Terminservicestellen beheben Ursachen für Wartezeiten nicht
Metke weiter: „Trotz dieser Ergebnisse steht außer Frage, dass es in den Augen der Patienten Wartezeiten bei Fachärzten gibt, die den Patienten zu lang erscheinen.“ Allerdings werden aus seiner Sicht die geplanten Terminservicestellen die Ursachen für Wartezeiten bei Facharztterminen in keiner Weise beheben. „Seit vielen Jahren leiden die Beteiligten im Gesundheitssystem an dem Versuch, durch planwirtschaftliche Maßnahmen das System zu steuern. Das hat schon im Sozialismus zum Bankrott geführt und funktioniert auch im Gesundheitssystem nicht, sondern führt zu viel Bürokratie und hohen Kosten. Das Vorhaben, Arzttermine zuteilen zu lassen und damit durch noch mehr Planwirtschaft einen Mangel zu beheben, mutet vor diesem Hintergrund reichlich kurios an. Wichtig ist es daher, die Ursachen zu bekämpfen, anstatt den Ärzten und den Kassenärztlichen Vereinigungen den schwarzen Peter zuzuschieben und diese für Rahmenbedingungen verantwortlich zu machen, die nicht in ihre primäre Zuständigkeit fallen.“
Weltweit einmaliges Leistungsspektrum bei Fachärzten
Für Metke haben Wartezeiten bei Fachärzten ganz eindeutig systembedingte Ursachen, für die die Ärzte keinesfalls verantwortlich zeichnen. „Wenn auf der einen Seite den Ärzten quartalsweise Kontingente an Patienten zugewiesen werden und die Zahl der Ärzte noch mehr beschränkt werden soll, auf der anderen Seite es aber möglich ist, dass Patienten ohne Begrenzung und jegliche Steuerung ärztliche Leistungen in Anspruch nehmen dürfen, Ärztehopping betreiben und Termine nicht einhalten, darf man sich nicht wundern, wenn es zu Wartezeiten kommt. Großes Lob gebührt den Fachärzten darüber hinaus dafür, dass sie heute ein Leistungsspektrum haben, welches weltweit einzigartig ist, und das dazu führt, dass die Patienten für viele Behandlungen nicht mehr ins Krankenhaus müssen sondern ambulant behandelt werden können.“
Der KVBW-Chef bittet die Politik als besten Weg für alle, eine gemeinsame Lösung zu suchen. „Selbstverständlich werden wir die gesetzlichen Vorgaben, wenn sie denn so kommen sollten, umsetzen und eine Terminservicestelle einrichten. Ich warne nur vor zu hohen Erwartungen. Die KVBW kann natürlich nur begrenzt in die Terminvergabefreiheit ihrer Mitglieder eingreifen. Falls eine Anfrage kommt, werden wir daher schauen müssen, welcher Arzt dieser Fachgruppe einen Termin frei hat. Keine Rücksicht können wir damit auf Wünsche nehmen, bei einem bestimmten Arzt, wohnortnah, oder zu einer bestimmten Uhrzeit einen Termin zu bekommen. Die Patienten werden sich gegebenenfalls darauf einstellen müssen, längere Wege in Kauf nehmen zu müssen.“
Erforderlich wäre es für Metke, endlich die Budgetierungen aufzuheben und jede Behandlung dem Arzt und Psychotherapeuten zu vergüten. Weiter schlägt er vor für die Krankenkassen verpflichtende Elemente wie Patientensteuerung in die Gesetzgebung einzufügen, um eine sinnvolle und wirtschaftliche Inanspruchnahme der Ärzte auch im Kollektivsystem durch die Patienten zu ermöglichen.
Rahmenbedingungen ärztlicher Tätigkeit verbessern
Als schlechthin falsch bezeichnete Metke Äußerungen, dass Privatpatienten ausschlaggebend für die Wartezeiten bei Terminen wären. „So hat sich gezeigt, dass es Wartezeiten auch in Regionen gibt, wo es kaum Privatpatienten gibt. Der Rahmen ärztlicher Tätigkeit und der daraus resultierende Ärztemangel ist für die niedergelassenen Praxen und die Krankenhäuser das Problem. Wenn wir das nicht lösen, lösen wir nichts.“