Neue Wege in der Wirtschaftlichkeitsprüfung

Wissenschaftliche Qualität in der Arzneimitteltherapie ist Trumpf für den Patienten: Gemeinsame Pressemitteilung von AOK Baden-Württemberg, vdek-Landesvertretung Baden-Württemberg und der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg

Baden-Württemberg geht neue Wege in der sogenannten Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 SGB V für die Ärzte und damit auch die Patienten. Bisher orientierte sich die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit veranlasster Leistungen, insbesondere im Arznei- und Heilmittelbereich, hauptsächlich an einem Durchschnittsbetrag in Euro (Richtgröße) pro Patient. Liegen Ärzte mit ihren Verordnungen in einem gewissen Umfang über der Richtgröße und lässt sich diese Überschreitung nicht durch individuelle Praxisbesonderheiten (z. B. Schwerpunkttätigkeit, besonderes Patientenklientel) begründen, dann ist eine Nachforderung (Regress) die Folge.

Therapiequalität entscheidend für die Wirtschaftlichkeit

Zuständig für die Wirtschaftlichkeitsprüfung sind die Gemeinsamen Prüfungs­einrichtungen Baden-Württemberg (GPE-BW), die zu gleichen Teilen von der Kassenärztlichen Vereinigung und den Krankenkassen getragen werden. Ab Anfang November stehen den Ärzten erste Behandlungsleitfäden auf der Grundlage Evidenz basierter wissenschaftlicher Qualität zur Verfügung, mit deren Hilfe sie noch besser als bisher wirtschaftliche Verordnungen für Arzneimittel vornehmen können.

Der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW), Dr. Norbert Metke, sagte am Mittwoch in Stuttgart: „Ich freue mich sehr, dass wir gemeinsam mit den Krankenkassen im Land uns dieses Themas annehmen und unseren Ärzten wissenschaftliche Unterstützung zum Wohle des Patienten für ihre tägliche Arbeit anbieten können. Die Behandlungs­leitfäden zeigen evidenzbasierte Behandlungswege in Form von Stufentherapieschemata auf. Damit weichen wir von der bisherigen starren Richtgrößen­betrachtung ab, indem neben dem allgemeinen Wirtschaftlichkeits­gebot (Generikarezeptur, Rabattverträge) Qualität und Indikation einer Therapie Leitgedanke der Wirtschaftlichkeitsdefinition ist.“

Behandlungsleitfäden ab 1. November auf gpe-bw.de

Auf der Homepage der GPE-BW (www.gpe-bw.de) sind ab dem 1. November 2015 Behandlungsleitfäden zur Therapie der Diagnosen Osteoporose, nicht tumorbedingter Schmerz und Demenz eingestellt, die für die Ärzte im Land Richtschnur sein werden. Weitere Diagnosen sollen folgen. „Auch wenn wir dank umfangreicher Beratungsangebote und Anstrengungen aller Beteiligten im Land nur noch wenige Regresse haben, wissen wir, dass für viele unserer Mitglieder Regressangst ein Thema ist und ein Niederlassungshemmnis für junge Mediziner darstellt.“

Der Vorstandsvorsitzende der AOK Baden-Württemberg, Dr. Christopher Hermann, unterstrich die Bedeutung von auch ökonomisch verantwortlichem Handeln bei den Verordnungen. „In Baden-Württemberg werden für Arznei- und Heilmittel jährlich mehrere Milliarden Euro verordnet. Dementsprechend sind Qualität und Wirtschaftlichkeit der Verordnungen wichtige Elemente, ohne die Versorgung der Patientinnen und Patienten einzugrenzen. Durch Rabattverträge oder die Anwendung von Generika haben wir bereits erhebliche Einsparpotenziale erreicht. Diese werden wir im Sinne der Versichertengemeinschaft weiterhin auszubauen versuchen. Mit Behandlungsleitfäden haben wir nun ein neues Instrument dazu geschaffen.“

Walter Scheller, Leiter der vdek-Landesvertretung Baden-Württemberg, sieht die KVBW und die Krankenkassen auf einem guten Weg in diesem Thema. „Der Gesetzgeber hat im Versorgungsstärkungsgesetz festgelegt, dass ab 2017 die bisherige Orientierung an Richtgrößen abgelöst werden kann. Dazu müssen die Verhandlungspartner auf Landesebene andere Parameter für die Wirtschaftlichkeit vereinbaren. Wir freuen uns, dass wir hier nun bereits einen ersten Schritt vorgenommen haben.“