Psychiatrische und psychotherapeutische Komplexversorgung für Kinder/Jugendliche

Schwer psychisch kranke Kinder und Jugendliche strukturiert versorgen

Für die Behandlung schwer psychisch kranker Kinder oder Jugendlicher ist häufig sowohl eine psychiatrische als auch eine psychotherapeutische Versorgung erforderlich. Zusätzlich begleiten oft weitere Akteure aus anderen Hilfe- und Unterstützungssystemen die Kinder. Die Vernetzung aller Beteiligten und die Koordination der Versorgung wird ab 1. April 2025 über die Richtlinie zur psychiatrischen Komplexversorgung für Kinder und Jugendliche (KJ-KSVPsych-RL) des Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) vergütet. 

Teilnahmevoraussetzung und Teilnahmeerklärung

Die Versorgung der Patienten nach der KJ-KSVPsych-RL erfolgt durch ein zentrales Team. Dieses kann für jeden Patienten anders zusammengesetzt sein. Ein vertraglicher Zusammenschluss ist nicht erforderlich. Es setzt sich aus jeweils einer Person folgender Berufsgruppen zusammen:

Um an der Komplexversorgung für Kinder und Jugendliche (KJ-KSVPsych-RL) teilzunehmen, benötigen Sie eine Zulassung oder Anstellung als

  • Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie
  • Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Nervenheilkunde, Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie mit mindestens zweijähriger Weiterbildung im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie
  • Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie mit mindestens zweijähriger Erfahrung in der Behandlung von schwer psychisch erkrankten Kindern und Jugendlichen (insbesondere im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie)

Um an der Komplexversorgung für Kinder und Jugendliche (KJ-KSVPsych-RL) teilzunehmen, benötigen Sie eine Zulassung oder Anstellung als

  • Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut und Fachpsychotherapeut für Kinder und Jugendliche
  • Psychologischer Psychotherapeut mit der in der Psychotherapie-Vereinbarung festgelegten fachlichen Befähigung zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen
  • Ärztlicher Psychotherapeut mit der in der Psychotherapie-Vereinbarung festgelegten fachlichen Befähigung zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen

Die koordinierende Person kann folgenden Berufsgruppen angehören:

  • Akteure der psychiatrisch häuslichen Krankenpflege/Pflegefachpersonen
  • Ergotherapeuten
  • Soziotherapeuten
  • Physiotherapeuten
  • Stimm-, Sprech-, Sprach- oder Schlucktherapeuten
  • Medizinische Fachangestellte
  • Sozialarbeiter, Sozialpädagogen oder gleichwertige Berufe
  • Psychologen
  • Heilpädagogen
  • Heilerziehungspfleger

Die genannten Fachärzte und Psychotherapeuten können an der Komplexversorgung teilnehmen, wenn sie

  • gegenüber der KVBW folgende Teilnahmeerklärung abgeben und
  • zustimmen, mit Namen, Kontaktdaten und Erreichbarkeitszeiten in einem öffentlichten Verzeichnis auf der KVBW-Internetseite zu stehen.

Teilnahmeerklärung Komplexversorgung Kinder/Jugendliche

Der Antrag steht in Kürze hier für Sie zur Verfügung.

Vergütung

Hier finden Sie die neuen Leistungen ab 1. April im Überblick. 

GOP Leistung Hinweis Bewertung (Punkte/Euro)
37600 Eingangssprechstunde max. 6-mal im Krankheitsfall, davon 3-mal auch nur mit Bezugspersonen möglich 236 / 29,25
je 15 Min
37610 Differentialdiagnostische Abklärung max. 6-mal im Krankheitsfall, davon 3-mal auch nur mit Bezugspersonen möglich 231 / 28,63
je 15 Min
37620 Erstellen eines Gesamtbehandlungsplans 1-mal im Krankheitsfall 448 / 55,52,
627 / 77,71
bei mind. 5 Teammitgliedern
37625 Zusatzpauschale für Leistungen des Bezugsarztes oder -psychotherapeuten 1-mal im Behandlungsfall 450 / 55,77,
630 / 78,08
bei mind. 5 Teammitgliedern
37626 Zuschlag zur GOP 37625 für Leistungen bei Überleitung in die Erwachsenenversorgung 1-mal im Krankheitsfall, 2-mal mit med.  Begründung 232 / 28,75
37630 Koordination der Versorgung durch eine nichtärztliche Person 1-mal im Behandlungsfall 577 / 71,51,
808 / 100,14
bei mind. 5 Teammitgliedern
37635 Aufsuchen eines Patienten im häuslichen Umfeld durch eine nichtärztliche Person max. 5-mal im Behandlungsfall 166 / 20,57
37650 Fallbesprechung max. 8-mal im Behandlungsfall 128 / 15,86
je 10 Min.
37651 Zuschlag zur GOP 37650 bei nichtärztlichen / nichtpsychotherapeutischen Teilnehmern, die nach der KJ-KSVPsych-RL an der Behandlung beteiligt sind max. 8-mal im Behandlungsfall 128 / 15,86
je 10 Min.
37655 Teilnahme an einer Hilfekonferenz max. 8-mal im Krankheitsfall 128 / 15,86
je 10 Min
37656 Zuschlag zur GOP 37655 bei nichtärztlichen / nichtpsychotherapeutischen Teilnehmern, die nach der KJ-KSVPsych-RL an der Behandlung beteiligt sind max. 8-mal im Krankheitsfall   128 / 15,86
je 10 Min.

Hinweise zur Abrechnung

  • Nur Vertragsärzte und -psychotherapeuten, die zur Teilnahme an der psychiatrischen Komplexversorgung für Kinder und Jugendliche nach der KJ-KSVPsych-Richtlinie berechtigt sind und dies gegenüber ihrer Kassenärztlichen Vereinigung erklärt haben, dürfen die Leistungen abrechnen – mit Ausnahme der GOP 37650: Die GOP für Fallbesprechungen dürfen auch Vertragsärzte und -psychotherapeuten abrechnen, die nicht an der Komplexversorgung teilnehmen.
  • Die GOP 37620, 37625, 37630, 37635, 37651 und 37656 können ausschließlich durch den Bezugsarzt oder Bezugspsychotherapeuten abgerechnet werden.
  • Voraussetzung für die Abrechnung der GOP 37610 und 37620 ist, dass der Patient in dem aktuellen Quartal oder dem Quartal davor in der Eingangssprechstunde war und dafür die GOP 37600 berechnet wurde.
  • Die GOP 37650 und 37655 können auch berechnet werden, wenn die Fall- beziehungsweise Hilfekonferenz telefonisch oder per Video stattfindet. Der Arzt oder Psychotherapeut, der eine Videofallkonferenz initiiert, kann zusätzlich den Technikzuschlag für Videosprechstunden (GOP 01450) abrechnen.

Organisation und Ablauf der Behandlung

Eine Komplexversorgung ist bei Kindern und Jugendlichen möglich, bei denen

  • eine schwere psychische Erkrankung sowie deutliche Einschränkungen in verschiedenen Funktions- und Lebensbereichen vorliegen und
  • pro Quartal mindestens zwei Maßnahmen der Krankenbehandlung durch Fachpersonen unterschiedlicher Berufsgruppen notwendig sind.

Die Eingangssprechstunde stellt den Erstkontakt zu einem an der Komplexversorgung teilnehmenden Arzt oder Psychotherapeuten dar. Dieser prüft, ob

  • für das Kind oder den Jugendlichen eine Komplexversorgung angebracht ist, 
  • bereits eine Versorgung nach der Sozialpsychiatrie-Vereinbarung erfolgt. Ist dies der Fall, ist eine Komplexbehandlung nicht möglich. 

Der Bezugsarzt oder Bezugspsychotherapeut als zentrale Ansprechperson ist verantwortlich für: 

  • den Gesamtbehandlungsplan,
  • die unverzügliche Anbahnung der Behandlung,
  • die Einleitung der somatischen Abklärung,
  • die Kooperation mit den Beteiligten des zentralen und des erweiterten Teams,
  • die Initiierung der patientenorientierten Fallbesprechungen.

Wer die Bezugsfunktion übernimmt, legen der behandelnde Facharzt und der Psychotherapeut nach der Eingangssprechstunde fest.

Die differentialdiagnostische Abklärung beinhaltet unter anderem die psychische, somatische und soziale Diagnostik und Indikationsstellung. Sie erfolgt unter Berücksichtigung aller bereits vorliegenden relevanten Befunde. 

Der Bezugsarzt oder Bezugspsychotherapeut erstellt einen Gesamtbehandlungsplans zu Beginn der Behandlung auf Basis der medizinischen und therapeutischen Befunde. Beteiligt sind das zentrale Team und ggf. das erweiterte Teams sowie Personen aus dem sozialen Umfeld des Patienten. 

Der Gesamtbehandlungsplan enthält:

  • Therapieziele,
  • Bedarf an ärztlichen und psychotherapeutischen Maßnahmen,
  • Bedarf an Arzneimitteln, Heilmitteln und weiteren Maßnahmen,
  • Bedarf an weiterführender differentialdiagnostischer und somatischer Abklärung, 
  • Behandlungsnotwendigkeit von somatischen Komorbiditäten,
  • namentliche Benennung der koordinierenden Person und
  • Kriseninterventionsplan.

Halbjährlich wird geprüft, ob die Voraussetzungen für die Komplexbehandlung nach wie vor gegeben sind. 
 

Die Koordination der Gesamtbehandlung erfolgt durch die koordinierende Person des zentralen Teams. Deren Aufgaben sind insbesondere:

  • vereinbaren von Terminen bei den verschiedenen Akteuren,
  • erarbeiten eines individuellen Rückmeldesystems,
  • Organisation und Durchführung einer Netzwerksarbeit mit den relevanten Bezugspersonen zur Verbesserung der Kommunikation der Beteiligten ggf. auch über die Sozialgesetzbücher hinaus,
  • organisieren von interdisziplinären Fallbesprechungen,
  • ggf. Kinder oder Jugendliche im häuslichen Umfeld aufsuchen,
  • ggf. Gespräche im Lebensumfeld führen,
  • ggf. telefonischer oder persönlicher Kontakt mit dem Patienten und/oder Sorgeberechtigten und Hinwirken auf Termintreue.

Teil der Komplexbehandlung der Patienten sind

  • die in der vertragsärztlichen Versorgung vorgesehenen Diagnostik- und Behandlungsmaßnahmen der ärztlichen und psychotherapeutischen Versorgung sowie
  • bei Bedarf Verordnung von Heilmitteln oder ggf. psychiatrischer häuslicher Krankenpflege.

Die Behandlung wird ggf. ergänzt durch Leistungen anderer Berufsgruppen, die nicht nach der KJ-KSVPsych-RL vergütet werden. 

Auch der Einsatz digitaler Anwendungen ist möglich und die Beratung und Behandlung kann durch Kommunikationsmedien ergänzt werden.  

Das zentrale Team führt regelmäßig patientenorientierte Fallbesprechungen durch:

  • erstmalig spätestens einen Monat nach der Eingangssprechstunde,
  • darauffolgend mindestens einmal pro Quartal. 

Bedarfsweise können auch Beteiligte des erweiterten Teams an den Fallbesprechungen teilnehmen. 

Außerdem können, die an der Behandlung beteiligten Personen, an SGB-übergreifenden Hilfekonferenzen teilnehmen.

Erweitertes Team

Bei Bedarf kann sich zum Erreichen der patientenindividuellen Versorgungsziele ein erweitertes Team bilden.  

  • Fachpersonal für Ergotherapie, Physiotherapie oder Stimm-, Sprech-, Sprach- oder Schlucktherapie  
  • Fachpersonal für psychiatrisch häusliche Krankenpflege
  • Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin
  • Fachpersonal für Soziotherapie (nur im Rahmen der Transition)
  • Krankenhäuser mit einer Kinder- und Jugendpsychiatrischen Einrichtung und mit einer Psychiatrischen Institutsambulanz

Alle diese Akteure benötigen eine Zulassung gemäß den Vorgaben des SGB V.

Folgende Akteure können als Teil des erweiterten Teams mit dem zentralen Team zusammenarbeiten. Diese sind allerdings nicht zur Teilnahme an der Versorgung nach der KJ-KSVPsych-RL berechtigt und werden nicht darüber vergütet: 

  • Kinder- und Jugendpsychiatrische Dienste und, soweit vorhanden, Krisendienste, 
  • Fachpersonal der Eingliederungshilfe, 
  • Fachpersonal zur Teilhabe am Arbeitsleben, 
  • Jugendämter,
  • Öffentlicher Gesundheitsdienst,
  • Einrichtungen der Jugendhilfe,
  • Bildungseinrichtungen wie Schulen und Kindertagesstätten,
  • schulpsychologische Dienste und Beratungsstellen,
  • zugelassene vollstationäre und teilstationäre Pflegeeinrichtungen und ambulante Pflegedienste, 
  • psychosoziale Beratungsstellen und Suchtberatungsstellen,
  • Traumaambulanzen,
  • Selbsthilfeorganisationen für Menschen mit einer psychischen Erkrankung oder deren Angehörige,
  • psychosoziale Einrichtungen zur psychotherapeutischen und psychiatrischen Versorgung von Geflüchteten und
  • Rehabilitationseinrichtungen mit Leistungsangeboten für Kinder und Jugendliche mit einer psychischen oder psychosomatischen Erkrankung
Letzte Aktualisierung: 01.04.2025