Aut idem und Rabattverträge
Wirkstoffgleiche Arzneimittel und Substitutionsausschluss
Der Gesetzgeber will die gesetzlichen Krankenkassen bei den Arzneimittelausgaben entlasten und ermöglicht ihnen daher, Rabattverträge mit einzelnen pharmazeutischen Unternehmen abzuschließen (§ 130a Absatz 8 SGB V). Apotheken sind gesetzlich verpflichtet, das Rabattprodukt der jeweiligen Krankenkasse abzugeben. Eine Ausnahme bilden Wirkstoffe, die auf der Substitutionsausschlussliste zu finden sind. Eine weitere Ausnahme liegt vor, wenn Sie in medizinisch begründbaren Fällen den Austausch durch Setzen des Aut-idem-Kreuzes ausgeschlossen haben.
Kein Kreuz bei „aut idem“
Wenn es zu dem verordneten Arzneimittel ein anderes wirkstoffgleiches Arzneimittel gibt, für das die Krankenkasse des jeweiligen Versicherten einen Rabattvertrag abgeschlossen hat, muss die Apotheke das Rabatt-Arzneimittel abgeben. Dies gilt analog auch für Wirkstoffverordnungen.
Voraussetzungen für den Arzneimittelaustausch sind:
- gleicher Wirkstoff
- identische Wirkstärke
- identische Packungsgröße
- gleiche oder austauschbare Darreichungsform
- Übereinstimmung in mindestens einer zugelassenen Indikation
Lieferengpässe
Bei Lieferengpässen gibt es für die Apotheken folgende erweiterte Austauschmöglichkeiten (eine Rücksprache mit dem verordnenden Arzt und ein neues Rezept sind nicht erforderlich):
- Abgabe einer anderen Packungsgröße
- Abgabe einer anderen Packungsanzahl
- Abgabe von Teilmengen aus einer Fertigarzneimittelpackung
- Abgabe einer anderen Wirkstärke, sofern keine pharmazeutischen Bedenken bestehen.
Die verordnete Gesamtmenge des Wirkstoffs darf allerdings nicht überschritten werden. Die gesetzliche Grundlage hierfür bildet der zum 1. August 2023 eingeführte Absatz 2a in § 129 SGB V.
Seit 1. Februar 2024 gilt: Wenn sich die Anzahl der abgegebenen Packungen aufgrund des Austausches erhöht, ist die Zuzahlung nur einmalig auf der Grundlage der Packungsgröße zu leisten, die der verordneten Menge entspricht.
Ausnahme: Die Substitutionsausschlussliste
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat eine Liste mit Wirkstoffen beschlossen, bei denen die Apotheke nicht gegen wirkstoffgleiche Präparate austauschen darf, auch wenn diese preisgünstiger oder rabattiert sind. Das betrifft vor allem Arzneimittel mit geringer therapeutischer Breite. Diese Liste ist als Teil B der Anlage VII: Aut idem Bestandteil der Arzneimittel-Richtlinie. Um Rückfragen durch die Apotheke zu vermeiden, sollten Sie die genannten Wirkstoffe namentlich als Arzneimittel (mit Herstellerangabe) rezeptieren. Verordnen Sie das Präparat, auf das der Patient eingestellt ist und das aus ärztlicher Sicht zweckmäßig ist. Ein Aut-idem-Kreuz muss in diesem Fall nicht gesetzt werden.
Kreuz bei „aut idem“
Das Aut-idem-Kreuz ist nur aus medizinisch-therapeutischen Gründen zulässig. Dies ist in § 29 Absatz 2 Satz 2 Bundesmantelvertrag Ärzte (BMV-Ä) festgelegt. In diesem Fall ist eine Substitution ausgeschlossen und die Apotheke darf nur das namentlich verordnete Präparat abgeben. Hierbei kann das Risiko bestehen, dass eine sofortige Versorgung des Patienten nicht möglich ist, wenn das verordnete Arzneimittel nicht verfügbar ist. Gegebenenfalls setzt sich die Apotheke dann mit Ihnen in Verbindung.
Aut idem – was empfiehlt die KVBW den Ärzten?
- Verordnen Sie Wirkstoffe bzw. ein preisgünstiges Generikum und lassen Sie wenn möglich das Aut-idem-Feld frei (Ausnahme: Wirkstoffe der Substitutionsausschlussliste sind mit Angabe des Präparatenamens zu verordnen).
- Lassen Sie das Aut-idem-Feld auch dann frei, wenn für das verordnete Arzneimittel nach Ihrem PVS-System ein Rabattvertrag existiert.
- Die Substitution kann aus medizinischen Gründen durch ein Aut-idem-Kreuz ausgeschlossen werden (Anmerkung: Bei Wirkstoffen der Substitutionsausschlussliste ist kein Aut-idem-Kreuz erforderlich).
Wer mit wem: Informationen zu Rabatten
Als Arzt können Sie in Ihrer Praxissoftware erkennen, ob ein Produkt rabattiert ist oder ob ein Rabatt-Arzneimittel, das sich für eine Substitution eignet, existiert. So lassen sich diese Informationen bei der Medikation einzelner Patienten berücksichtigen.
Sonderfall: Rabattverträge bei Insulinanaloga
Die schnell (Aspart, Glulisin, Lispro) und lang wirkenden Insulinanaloga (Glargin, Detemir) stellen einen Sonderfall dar. Hier ist das Vorliegen von Rabattverträgen Voraussetzung für die Verordnungsfähigkeit zulasten der GKV. Denn Anlage III der Arzneimittel-Richtlinie gibt vor, dass diese Arzneimittel nicht zulasten der GKV verordnet werden dürfen, wenn dadurch Mehrkosten im Vergleich zu Humaninsulin entstünden. Für die Bestimmung der Mehrkosten sind die der zuständigen Krankenkasse tatsächlich entstehenden Kosten maßgeblich.
Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass Insulinanaloga nach Abschluss von Rabattverträgen zwischen pharmazeutischem Unternehmer und Krankenkasse auch bei Typ-2-Diabetikern zulasten der GKV verordnungsfähig sind.
Weitere Details finden Sie in den Verordnungseinschränkungen und -ausschlüssen des Gemeinsamen Bundesausschusses (Nr. 33 und 33a in Anlage III der Arzneimittel-Richtlinie).